Das Kalkwerk der Rheinkalk in Flandersbach liegt mitten im Massenkalkgürtel des Rheinischen Schiefergebirges. Das Werk gilt als das größte seiner Art in Europa und verfügt über sechs Schachtöfen und vier Drehrohröfen, in denen der Kalkstein gebrannt und schließlich in Kalksammelbunkern für den Transport bereitgehalten werden.

Im Rahmen eines Modernisierungsprojektes sollte das Transportsystem zwischen den Brennöfen und den Sammelbunkern aktualisiert werden. Ziel war es, die weitgehend manuelle Ansteuerung der insgesamt 254 Teilwege zu automatisieren. Bislang wurden diese Teilwege über zwei Leitstände gesteuert, die ständig miteinander kommunizieren mussten, um sich über den kollisionsfreien Transport des Kalks abzustimmen.

Rheinkalk-Projektleiter Kristijan Rajic nannte daher auch klar den Hauptpunkt des Projektes: „Das Anfahren der Wege soll in Zukunft nicht mehr die Aufgabe des Leitstandfahrers sein, sondern über eine Verwaltungssoftware automatisch gesteuert werden.“

Neues Aufgabenfeld für Standardsoftware

Das Rheinkalk-Werk Flandersbach setzte bereits das Prozessleitsystem Simatic PCS 7 ein. Die mit der Durchführung des Projektes beauftragte TRIPS gmbh erwog daher den Einsatz der PCS 7 Option Simatic Route Control zur automatischen Wegesteuerung.

Allerdings war bis zu diesem Zeitpunkt das Route Control-Paket nur bei flüssigen Transportgütern eingesetzt worden. Nach umfassenden Analysen wurde jedoch deutlich, dass die Funktionalität von Route Control durchaus für einen Einsatz im Kalkwerk spricht.

So stellt die Integration von Route Control in PCS 7 sicher, dass ein problemloses Update bei neueren Versionen des Leitsystems möglich ist. SimaticPCS 7 Route Control bietet optimale Diagnosemöglichkeiten während der Inbetriebnahme bei laufender Anlage und ermöglicht somit kürzeste Umschlusszeiten der einzelnen Antriebe. Zudem können alle Wege simuliert werden, so dass weniger Zeit für die Inbetriebnahme notwendig ist. Außerdem verringert sich auch der Engineeringaufwand, da das Belegungsmanagement mit vorgeprüften Softwaremodulen implementiert werden kann.

Optimale Nutzung der Transportkapazität

Bei der bisherigen Steuerung war ein neuer Transport erst möglich, nachdem alle davon betroffenen Teilwege frei waren. Das hatte zur Folge, dass einige Teilwege lange Zeit leer liefen und damit die Transportleistung der Anlage einschränkten. Die von TRIPS realisierte Anpassung des Route Control Standards verhindert diese Zeitverluste: Sobald sich kein Material mehr auf dem Förderband befindet, wird der Teilweg für einen weiteren angeforderten Materialtransport freigegeben und so die Leerlaufzeiten der Förderbänder minimiert. Schnelle Transportzeiten wiederum erhöhen die Produktivität der Anlage, da das Material nun schneller entsprechend der jeweiligen Qualität in die Kalksammelbunker transportiert werden kann.

Allein diese Maßnahme steigerte die Produktivität der Förderanlage über alles gerechnet um ca. 30 Prozent und half den Engpass in der Anlage zu beseitigen („Debottlenecking“). Dank der neuen Lösung können Materialstaus vermieden werden, bevor sie überhaupt entstehen.

Gezieltes Qualitätsmanagement

Außerdem lassen sich mit Simatic Route Control unterschiedliche Produktqualitäten detailliert erfassen und von ihrer Entstehung in den Öfen über die Transportwege bis hin zur Zwischenspeicherung in den Bunkern verfolgen. Damit ist erstmalig ein qualitätsspezifisches Bunkern der Produkte möglich, was Rheinkalk ein weitaus flexibleres Geschäftsmodell bei der Vermarktung der Produkte ermöglicht.

Über eine Kopplung zum automatischen Probenehmer im Labor erhält die Route Control Software automatisch die entsprechenden Qualitätskennungen und weiß damit, welche Produktqualität auf welchem Transportweg unterwegs ist. Diese Qualitätskennungen werden auch im Route Control Faceplate angezeigt, so dass der Leitstandfahrer erkennt, welche Qualität von welcher Quelle (Ofen) kommt. Im Falle einer Störung kann er nun, falls sich automatisch kein Alternativweg ermitteln lässt, nach Beheben der Störung das sich noch auf den Bändern befindende Material per Hand in den entsprechenden Kalksammelbunker fördern.

Damit stellt er auch aus dieser Situation heraus eine sortenreine Lagerung der Produkte sicher.

Effiziente Unterstützung

Für Projektleiter Rajic war die Automatisierung der Transportvorgänge auch im Hinblick auf die Bedienerfreundlichkeit der Prozesse ein Schritt nach vorn. „Die Operatoren können sich jetzt wieder mehr auf das Kerngeschäft, d. h. den Ofenbetrieb, konzentrieren. Das merken wir an der verbesserten Qualität der Produkte.“

Auch der Projektleiter der TRIPS gmbh ist mit der Funktionalität überzeugt: „Die Software für Wegesteuerungen „Simatic Route Control“ hat uns geholfen, den Projektierungs-Aufwand in diesem Projekt um 25 Prozent zu reduzieren und die Inbetriebnahme Zeit dank optimaler Diagnose- und Simulations-Möglichkeiten auf 20 Prozent der üblichen Zeit zu drücken.“